Leben in Gott

(Teil 2) Auf unserem Weg zu Gott haben wir uns im ersten Teil vom heiligen Pfarrer von Ars an der Hand nehmen lassen und einige seiner Aussagen gleichsam als Hinweise und Mittel zur gottgewollten Ausrichtung unseres Lebens betrachtet. Hier sollen einige weitere dieser kurzen Weisheiten dieses Heiligen vorgestellt werden.

Das Gebet
„Meine Kinder, klein ist euer Herz, doch das Gebet macht es groß und fähig, Gott zu lieben. Das Gebet ist ein Vorgeschmack des Himmels, ein Labsal aus dem Paradies. Niemals lässt es uns ohne Trost…
Das Gebet ist wie ein erfrischender Morgentau, doch nur der spürt ihn, der mit reinem Herzen betet.
Bedenkt, meine Kinder, der Schatz eines Christen liegt nicht auf Erden, er ist im Himmel. Dorthin müssen wir unsere Gedanken richten, wo unser Schatz ist.
Der Mensch hat eine schöne Aufgabe, nämlich zu beten und zu lieben... Lasst uns deshalb beten und lieben! Darin besteht die menschliche Seligkeit auf Erden.
Das Gebet ist nichts anderes, als sich mit Gott vereinen. Wenn unser Herz rein und mit Gott verbunden ist, fühlen wir in uns eine süße, berauschende Labung und ein blendendes Licht. In dieser innigen Gemeinschaft sind Gott und die Seele wie zwei zusammengeschmolzene Wachsstücke, die man nicht trennen kann. Diese Vereinigung Gottes mit Seinem kleinen Geschöpf ist etwas Wunderbares – ein unbegreiflich großes Glück.
In der Freude des Gebets versunken, merkt man kaum, wie die Zeit enteilt. Je mehr wir beten, desto mehr wollen wir beten. Es gibt Menschen, für die das Gebet so natürlich und selbstverständlich ist wie für den Fisch das Wasser; denn sie gehören ganz Gott an. Es ist keine Trennwand zwischen Ihm und ihrem Herzen mehr vorhanden…
Der heilige Franziskus von Assisi und die heilige Colette sprachen mit Gott in gleicher Weise, wie wir uns unterhalten…
Wer nicht betet, gleicht einem jener schweren Hühner, die nur eine kurze Strecke fliegen können und sogleich wieder zu Boden fallen. Dann graben sie sich ein, indem sie die Erde aufscharren; sie bedecken damit den Kopf und scheinen dabei ihr einziges Vergnügen zu finden. Wer aber betet, gleicht einem kühnen Adler, der hoch in den Lüften segelt; er scheint sich immer mehr der Sonne nähern zu wollen. Das ist der gute Christ auf den Schwingen des Gebets.
Beten ist etwas Schönes. Wer in der Gnade Gottes ist, den braucht man es nicht zu lehren. Er lernt es von selbst.
Der liebe Gott braucht uns nicht. Wenn Er uns aber auffordert zu beten, dann tut Er es deshalb, weil Er unser Glück will und wir dieses nur im Gebet finden. Wenn Er uns, Seine kleinen Geschöpfe, kommen sieht, neigt Er sich uns zu, wie ein Vater es tut, um sein Kind anzuhören, das mit ihm sprechen will.
Am Morgen muss man es machen wie das Kind in der Wiege. Gleich nach dem Erwachen hält es eilig Ausschau nach seiner Mutter…
Auf zweifache Weise können wir uns mit dem Herrn verbinden und dabei unser Heil finden: durch das Gebet und die Sakramente. Die Heiligen haben oft die Sakramente empfangen und im Gebet ihre Seele zu Gott erhoben“ (unter Berücksichtigung der neuen Rechtschreibung zitiert nach: Frossard, Janine, Ausgewählte Gedanken des heiligen Pfarrers von Ars, 6. Aufl., Leutesdorf 1992, S. 43ff.).

Der Heilige Geist, unser Führer
„Wenn ein Christ vom Heiligen Geist geführt wird, fällt es ihm nicht schwer, die weltlichen Güter im Stich zu lassen, um den himmlischen zuzueilen. Er kann sie unterscheiden.
Wer vom Heiligen Geist geleitet wird, denkt Rechtes. So kommt es, dass es viele Ungelehrte gibt, die weiser als die Gelehrten sind. Wenn wir von einem Gott der Stärke und des Lichtes geleitet werden, können wir uns nicht irren.
Der Heilige Geist ist Heiligkeit und Stärke. Er ist es, der uns das Wahre vom Falschen, das Gute vom Bösen unterscheiden lässt… Mit dem Heiligen Geist sehen wir alles groß: wir erkennen die Größe der geringsten für Gott getanen Werke und die Größe der kleinen Fehler...
Wenn man die Verdammten fragen würde: ‚Warum seid ihr in der Hölle?‘, würden sie antworten: ‚Weil wir dem Heiligen Geist widerstanden haben.‘ Und würden wir die Heiligen fragen, warum sie im Himmel sind, würden sie antworten: ‚Weil wir auf den Heiligen Geist gehört haben.‘
Die sich vom Heiligen Geist führen lassen, erfahren in sich alles Glück, während die schlechten Christen auf Dornen und Kieselsteinen gehen…
Nehmt in eine Hand einen Kieselstein und in die andere einen nassen Schwamm und presst beide gleich stark. Aus dem Stein kommt nichts heraus; aber aus dem Schwamm fließt Wasser. Der Schwamm ist Sinnbild der vom Heiligen Geist erfüllten Seele, der Kieselstein ist Bild für das kalte, harte Herz, in dem der Heilige Geist keine Wohnstätte hat.
Der Heilige Geist führt uns wie eine Mutter ihr kleines Kind, wie ein Sehender einen Blinden. Jeden Morgen sollen wir beten: ‚Sende mir den Heiligen Geist, damit ich erkenne, wer ich bin und wer Du bist! …‘ Eine Seele, die den Heiligen Geist besitzt, findet im Gebet eine besondere Freude, die ihr immer die Zeit zu kurz werden lässt; sie verliert niemals die heilige Gegenwart Gottes“ (a.a.O., S. 46f.).

Maria, die Mittlerin aller Gnaden
„Man vergleicht die heilige Jungfrau oft mit einer Mutter, aber sie ist viel besser als die beste der Mütter… Sie ist so gut, dass sie uns immer liebevoll behandelt.
Das Herz dieser guten Mutter besteht nur aus Liebe und Barmherzigkeit. Ihr einziger Wunsch ist es, uns glücklich zu sehen. Man braucht sich nur an sie zu wenden, um erhört zu werden…
Die heiligste Jungfrau steht zwischen uns und ihrem Sohn. Obwohl wir Sünder sind, ist sie voll Zärtlichkeit und Mitleid mit uns. Ist nicht das Kind, das der Mutter die meisten Tränen gekostet hat, ihrem Herzen das teuerste? Eilt nicht die Mutter immer dem schwächsten und gefährdetsten Kind zu Hilfe? Kümmert sich ein Arzt nicht umso mehr, je kränker ein Patient ist?
Alle Heiligen hatten eine große Verehrung zur Mutter Gottes. Keine Gnade kommt vom Himmel, die nicht durch ihre Hände ginge … Ich glaube, dass die heilige Jungfrau erst am Ende der Zeit Ruhe für sich finden wird; solange die Welt besteht, wird sie von allen Seiten bestürmt werden …
Sie ist wie eine Mutter mit vielen Kindern, ständig damit beschäftigt, von einem zum anderen zu gehen.
Wollen wir einer bedeutenden Person etwas schenken, so lassen wir es von jemandem überreichen, der in ihrer Gunst steht, damit unsere Ehrerbietung ihr noch größere Freude bereitet. Ähnlich erfahren auch unsere Gebete durch die Vermittlung der heiligen Jungfrau eine viel höhere Wertschätzung, weil Maria das einzige Geschöpf ist, das Gott nie beleidigt hat.
Berühren unsere Hände etwas Duftendes, so übertragen sie diesen Duft auf alles, womit sie in Berührung kommen. Wenn wir Maria als Mittlerin für unsere Gebete erwählen, wird sie ihnen einen wunderbar angenehmen Duft verleihen“ (a.a.O., S. 48f.).

Der Wert der heiligen Messe
„Alle guten Werke zusammen erreichen nicht den Wert eines einzigen Messopfers, denn sie sind die Werke der Menschen; die Messe aber ist Gottes Werk. … in der Messe ist es Gott, der Seinen Leib und sein Blut für den Menschen opfert.
Auf das Wort des Priesters steigt der Herr vom Himmel… Gottes Blick wendet sich zum Altar. ‚Hier ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe.‘ Den Verdiensten dieses Opfers kann Er nichts verweigern.
Oh wie wunderbar! Nach der Wandlung ist der liebe Gott hier bei uns wie im Himmel… Wenn man uns sagte, um diese oder jene Stunde würde ein Toter auferweckt, wie schnell kämen da die Leute zusammen … Aber ist nicht die Wandlung, wodurch Brot und Wein in das Fleisch und das Blut Gottes verwandelt werden, ein viel größeres Wunder als eine Totenerweckung?
Wir sollten wenigstens eine Viertelstunde darauf verwenden, uns für die heilige Messe gut vorzubereiten. Angesichts der tiefen Verdemütigung Christi im Sakrament der Eucharistie sollten auch wir uns vorher vor dem lieben Gott verdemütigen und unser Gewissen erforschen; denn, um einer Messfeier gut beizuwohnen, müssen wir im Stande der Gnade sein.
Wie viel eifriger und inniger würden wir am heiligen Messopfer teilnehmen, wenn wir seinen Wert besser verstünden und Glauben hätten“ (a.a.O., S. 50f.).

Die große Gnade des Bußsakraments
„Meine Kinder, man kann die Güte nicht begreifen, die Gott uns erwiesen hat, als er dieses große Sakrament der Buße einsetzte.
Wenn man zu den armen Verdammten, die schon lange in der Hölle sind, sagen würde: ‚ … Jeder, der beichten will, braucht nur hinauszugehen.‘ … Die größten Verbrecher würden sich nicht fürchten, ihre Sünden zu bekennen, selbst wenn sie es vor der ganzen Welt tun müssten. Oh wie schnell würde die Hölle sich leeren und der Himmel sich bevölkern. Wir jedoch haben die Zeit und die Möglichkeiten, die diese armen Verdammten nicht haben.
Meine Kinder, sobald wir einen Flecken auf unserer Seele haben, müssen wir es machen wie jemand, der eine herrliche Kristallkugel besitzt… Wenn er nur ein bisschen Staub darauf bemerkt, fährt er schnell mit einem Schwamm darüber, und schon strahlt die Kugel wieder.
Wie schön ist es zu wissen, dass wir ein Sakrament haben, das die Wunden unserer Seele heilt! Wir müssen es jedoch mit aufrichtigem Herzen und gutem Vorsatz empfangen, sonst kommen neue Wunden zu den alten hinzu … Seht ihr, so macht es auch ihr oft, wenn ihr aus dem Beichtstuhl kommt und wieder in die gleichen Sünden fallt.
Andere entweihen das Sakrament, weil es ihnen an Aufrichtigkeit fehlt. Zehn, zwanzig Jahre verheimlichen sie schon manche Todsünde. Ständig werden sie gequält, immer steht ihre Sünde vor ihrem Geist, immer denken sie daran, sie zu beichten, und immer schieben sie es wieder hinaus; es ist wie eine Hölle.
Meine Kinder, man muss darum beten, dass man seine Sünden gut bereut. Nachdem man sie gebeichtet hat, muss man den Stachel der Reue im Herzen behalten und seine Sünden nicht aus den Augen verlieren. Es sollte uns geschehen wie dem heiligen Franziskus: ein Engel pflanzte ihm fünf Stacheln ein, die ständig in ihm blieben.
Nach einer guten Beichte habt ihr den Teufel in Ketten gelegt.
Die Sünden, die wir verheimlichen, werden alle wieder offenbar. Um sie gut auszulöschen, müssen wir sie aufrichtig beichten“ “ (a.a.O., S. 52f.).

 

(Fortsetzung folgt)

Thomas Ehrenberger

 

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